„Teen courts“ – Richter in Hoodies

Daniel sitzt nJugendrichterervös im Flur und starrt auf den Boden. Gedanken kreisen ihm im Kopf herum: Was wird ihn wohl erwarten? Eine Stimme ruft ihn rein. Seine Anspannung steigt, langsam betritt er den Raum. Es ist ganz anders als er sich das vorgestellt hat, creme farbende Wände mit Bildern, in der Mitte steht ein Tisch. Dahinter stehen drei Jugendliche, ungefähr in seinem Alter und lächeln ihn an. Sie tragen Hoodies und Jeans, gar nicht so wie er sie erwartet hat. Das beruhigt ihn etwas und seine Anspannung legt sich. „Die sehen ja eigentlich ganz sympathisch aus“. Doch es ist nicht alles ganz normal. Daniel ist hier, weil er Ladendiebstahl begangen hat.

Er ist einer von vielen Fällen die Schülergerichte in Deutschland behandeln. Hierbei urteilen nicht Erwachsene über die jugendliche Straftäter sondern Gleichaltrige (zwischen 14-20 Jahren). Dieses Projekt startete erstmals im November 2000 in Aschaffenburg.  Inzwischen gibt es 16 „Teen courts“ (Schülergerichte) in Deutschland darunter auch  2 in NRW. Die Schülerrichter behandeln leichtere Fälle von Jugendkriminalität, wie Schwarzfahren, Körperverletzung durch Prügelei, Sachbeschädigung oder wie in Daniels Fall Ladendiebstahl. Dabei ist es wichtig, dass der Täter zum ersten Mal eine Straftat begangen hat und kein Widerholungstäter ist. Anne ist eine dieser Schülerrichterinnen, wie alle jugendlichen Richter arbeitet sie ehrenamtlich in ihrer Freizeit für das Schülergericht und hat ungefähr ein Mal im Monat eine Verhandlung. Sie hatte sich beworben, weil sie wie die meisten anderen auch den juristischen Bereich besser kennen lernen wollte. Nun ist es ihre Aufgabe zusammen mit den anderen Schülerrichtern eine Strafe für den Täter zu finden. Nicht aber den Fall aufzuklären, denn bevor die Straftäter hier her kommen müssen sie ihre Tat erst einmal gestanden und dem Verfahren zugestimmt haben. Damit diese Strafe auch gerecht ausfällt gibt es für jeden Schülerrichter eine Schulung. Dort wird den Jugendlichen von einer Sozialpädagogin gezeigt auf was sie achten müssen und wie man Fragen stellt auf die der Täter mit mehr als nur mit  „Ja oder Nein“ antworten muss. Besonders hilfreich fand Anne, dass sie vor ihrer ersten Verhandlung, diese in Rollenspielen geübt haben. „So konnte man sich an seine Rolle als Richter gewöhnen und sich auch in die Rolle des Täters besser hinein versetzen.“ erklärt sie. Sich in die des Täters Lage hinein zu versetzen, das ist einer der Aspekte warum es Schülergerichte gibt. Denn Jugendliche können oftmals besser verstehen oder kennen sogar selber die Situation die der Täter beschreibt. So ist es auch in Daniels Fall. Er war mit seinen Freunden unterwegs gewesen, eigentlich war es nur eine kleine Mutprobe. Die andern hatten auch schon alle eine hinter sich. Er sollte nun in den Laden gehen und irgendetwas mitnehmen. Daniel dachte sich, es sei ja nur eine Kleinigkeit nichts Besonders. Nun sitz er hier und bereut was er getan hat, „Ich brauchte die Sachen ja noch nicht einmal. Ich wollte nur kein Außenseiter sein “. Jeder Jugendlicher hat so eine ähnliche Situation schon einmal erlebt. „Ich kann Daniel verstehen niemand will gegen über seinen Freunden uncool sein.“ meint auch Anne.

Gruppenzwang ist einer von vielen Gründen für Jugendkriminalität, oftmals gibt es aber auch familiäre Gründe oder die Täter kommen persönlich nicht mit sich klar.

Bisher lief für Daniel alles gut beim Schülergericht, doch es gibt auch Straftäter die sich nicht kooperativ verhalten, in diesen Fall kann das Schülergericht auch die Täter wieder zurück zum Strafgericht schicken.

Nachdem Daniel kurz rausgeschickt wurde damit sich die Schülerrichter eine angemessene Strafe für ihn überlegen können wird er nun wieder hinein gerufen. „Wir denken, dass du verstanden hast was du falsch gemacht hast. Wie all unsere Strafen soll deine etwas mit deiner Tat zu tun haben. Wir haben uns überlegt, dass du eine Collage zum Thema Diebstahl anlege solltest.“ erklären ihm die Schülerrichter. Collagen oder Aufsätze zu schreiben sind typische Strafen die die Schülerrichter geben, da der Täter sich bei diesen intensiv mit seiner Tat beschäftigen muss. Es werden aber auch Strafen gegeben wie z.B. im Altersheim Musik spielen, Verzicht aufs Handy oder in schwereren Fällen auch Sozialstunden. Diese Strafen müssen dann innerhalb der nächsten Wochen nach der Verhandlung ausgeführt werden. Ob die jeweilige Strafe auch eingehalten wird, wird dann vom Jugendamt überwacht.

Daniel ist froh, dass er sich für das Schülergericht entschieden hat, auch wenn es wehtat sich von den Schülerrichtern sagen zu lassen wie uncool man war. Jetzt hat er verstanden was er falsch gemacht hat. „Hätte mir das ein Erwachsender erzählt hätte ich wahrscheinlich noch nicht einmal richtig zugehört. Dann hätte ich mir nur gedacht, dass er mich sowieso nicht versteht.“  Vor den Schülerrichtern hat er sich nun getraut detailliert zu berichten was passiert ist und ist sich sicher, dass er in Zukunft nie wieder etwas stehlen wird.

Maike Manderfeld

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